Betrachtungen zur Entwicklung der Core-Banking Capabilities in der Schweiz
Die Schweizer Core-Banking-Landschaft ist in der Frühphase eines nächsten Entwicklungszyklus und das vor dem Hintergrund tiefgreifender technologischer Umbrüche – zwischen der Modernisierung etablierter Systeme gegenüber dem Aufstieg von Neo-CBS-Anbietern. Im Zuge der Überprüfung ihrer strategischen Entwicklung sollten Banken ihre eigenen Optionen prüfen und zukunftsfähig ausrichten.
Vor welchen Herausforderungen stehen etablierte Core-Banking-Anbieter?
Mit Avaloq und Finnova konnten die zwei grössten Schweizer Core-Banking-Anbieter über die letzten 20 Jahre einen grossen Anteil der hiesigen Banken auf ihre Core-Banking-Lösungen migrieren. Grundlagen und technologische Grundkonzepte dieser beiden Lösungen stammen aus den 90er bzw. 2000er Jahren und basieren auf Oracle- Datenbanken mit Stored-Procedure-Technologien. Mit dem Aufkommen von Microservice-Architekturen und den unterliegenden Cloud-Technologien ergibt sich bei Avaloq und Finnova, wie auch bei anderen Anbietern, ein technologischer Erneuerungsbedarf, den sie erkannt haben und den sie angehen wollen. Eine solche Erneuerung birgt für die Banken als Kunden gewisse Risiken, denn sie bedingt auf Seite Anbieter umfangreiche Ressourcen (Geld, Know-how und Zeit) und weist eine erhebliche Komplexität auf, die notabene neben dem Unterhalt der operativen Lösung bewerkstelligt werden muss. Für die Anbieter ist das eine Herkulesaufgabe, mit der sie aber die Zukunftsfähigkeit ihrer Lösung sichern wollen. Für die Banken geht es um nicht weniger als um das Herzstück ihrer IT-Plattform, weshalb die Entwicklung gespannt beobachtet wird.
In dieser Situation stellen sich viele Banken die Frage: Welche Alternativen und Marktdynamiken ergeben sich?
In den letzten Jahren war immer wieder von neuen Angeboten im Finanzdienstleistungs-ökosystem zu hören, seien es Onlinedienste (z.B. N26) oder von Anbietern für einen bestimmten Service (z.B. Allica UK) oder FinTechs. In ihrer IT-Plattform setzten sie sogenannte Neo-Core-Banking-Systeme ein. Diese Neo-CBS unterscheiden sich in den genutzten Technologien, dem Funktionsumfang und der bewussten Fokussierung. Dank dem Einsatz moderner Architekturen wie Cloud-native mit Microservices und unterliegenden Cloud-basierten Infrastrukturen erzielen sie grosse Flexibilität und Skalierung. Mit der aktuellen Fokussierung auf Funktionalität im Zahlungsverkehr und Depositengeschäft erreichen sie einen hohen Standardisierungsgrad. Zu solchen Anbietern gehören SaaScada, Mambu, thought machine, tuum, Finxact, SolitX und andere mehr. Ausserhalb der Schweiz nutzen erste traditionelle Banken mit einem gegenüber dem Schweizer Universalbankenangebot eingeschränkten Service solche Systeme. Um die funktionalen Einschränkungen zu ergänzen, bauen die Neo-CBS-Anbieter Angebotsökosysteme mit anderen Softwareanbietern auf, um die Lücken abzudecken. Die Weiterentwicklung im Neo-CBS Marktbereich ist in vollem Gange und über die nächsten drei bis fünf Jahre wird sich zeigen, wie breit und etabliert das Lösungsangebot sein wird.
Welche Folgerungen lassen sich für Banken aus dieser Situation ziehen?
Die kommenden Lösungen sind weniger monolithisch und eröffnen neue Chancen für zukünftige IT-Betriebsmodelle. Da die aktuellen Fähigkeiten und Modelle dafür (noch) nicht optimal ausgerichtet sind und jede Bank sich in einer anderen Entwicklungsphase befindet, sollten die eigenen Möglichkeiten geprüft, mit den strategischen Zielen abgeglichen und in einer passenden Roadmap festgehalten werden. Dabei ist zu beachten, dass sich durch die getroffenen Maßnahmen über die nächsten Jahre echte Handlungsoptionen ergeben.
